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Buchkritik: "Hitlers Weg nach Nürnberg" von Egon Fein

07.04.2023

Der Titel des Buches ist vielversprechend, der Klappentext macht neugierig und lässt auf echte, neue Erkenntnisse zum Thema „Hitler und Franken“ hoffen. Leider weicht diese Hoffnung schon auf den ersten 70 Seiten einer großen Enttäuschung.

Diese Enttäuschung entsteht schon dadurch, dass einige auffällige historische Fehler auftauchen, die es in einem solchen Werk eigentlich nicht geben dürfte. Dass der Autor kein Historiker war mag zu diesen Fehlern beigetragen haben.

Da werden zum Beispiel Reichstage Kaiser Friedrich Barbarossas nach Nürnberg verlegt, obwohl dieser nachweislich nie einen Reichstag in Nürnberg abgehalten hatte. Was man weiß ist, dass Barbarossa die Kaiserburg für den einen oder anderen festlichen Empfang nutzte. Einen Reichstag gab es unter ihm dort allerdings nie.

Auch beim Ursprung des Hakenkreuzes gibt Autor Egon Fein die Legende wider, es hätte sich um das Symbol der germanischen Frühlingsgöttin „Ostara“ gehandelt. In Wirklichkeit ist eine solche Verbindung nicht belegbar. Es ist sogar zweifelhaft, ob es diese Göttin überhaupt gab.

So fügt sich ein historischer Fehler an den nächsten.

Zugegeben: Das sind für sich genommen alles Kleinigkeiten. Solche Kleinigkeiten häufen sich jedoch im Verlaufe des Buches und bilden verstörende Momente, die bezüglich der Sachlichkeit und historischen Vertrauenswürdigkeit der dargebotenen Informationen Zweifel aufkommen lassen. Hinzu kommt, dass der Autor keine Fußnoten verwendet mit deren Hilfe man seine Erkenntnisse nachvollziehen könnte. Lediglich eine allgemeine Quellenliste ist am Ende des Buches zu finden.

Was schon am Anfang besonders stutzig macht ist die Art und Weise wie der Autor den Musiker und bekennenden Antisemiten Richard Wagner, eine für Hitler durchaus bedeutende Figur, immer wieder nach Franken verortet. Fakt ist, dass Wagner nur einen geringen Bruchteil seines Lebens überhaupt in Franken, genauer in Bayreuth verbracht hatte. Das geschah auch nur deswegen, weil München und dann auch Nürnberg zu teuer waren für die Vorhaben, die Ludwig II. und Wagner verwirklichen wollten. In Bayreuth war darüber hinaus der Start für Wagner mit mißglückten ersten Festspielen im Jahr 1876 alles andere als reibungslos.

Auch nach der Fertigstellung von Villa Wahnfried und Festspielhaus hielt der stets vor Gläubigern fliehende Sachse Wagner sich kaum in Bayreuth auf und verstarb bezeichnenderweise 1883 in Venedig. Dennoch bezeichnet ihn Egon Fein immer wieder als Bayreuther und unter anderem als „Hitlers erste ‚Berührung‘ mit Franken“.

Spätestens hier fragt man sich ernsthaft, worum es dem Autor eigentlich geht.

Noch bin ich interessiert genug, worauf der Autor hinaus will und lese trotz der Bedenken weiter.

Doch ich stolpere auch auf den nächsten Seiten immer wieder.

Zum Beispiel über die Erwähnungen von Begegnungen Hitlers mit verschiedenen Franken die man gut und gerne mit dem neudeutschen Ausdruck „Random“ (zufällig) bezeichnen kann.

So war es in der bayerischen Armee des 1. Weltkrieges, in der Hitler diente, nur eine Frage der Zeit bis man dem einen oder anderen Franken über den Weg lief. Immerhin erwähnt der Autor, dass sowohl der jüdische Leutnant Hugo Gutmann, ein Nürnberger, dem Hitler das Eiserne Kreuz 1. Klasse zu verdanken hat, als auch der Rothenburger Hermann Heer, der Hitler und anderen Soldaten einmal das Leben rettete, mit ihrem vormahligen Kameraden später nichts mehr zu tun haben wollten.

Das Bemühen, in allem einen Bezug zu Franken zu finden, nimmt an manchen Stellen schon geradezu groteske Züge an.

So schreibt Fein über den aus der Oberpfalz stammenden und 1919 in München lebenden antisemitischen Dichter Dietrich Eckart: „Dieser Eckart ist (fast) auch ein Franke. Geboren 1868 in der Oberpfalz, also gar nicht weit von Nürnberg entfernt, kommt er aus dem ‚fränkischen Dunstkreis‘.“ Eckart hat in Erlangen wenige Semester studiert. Ansonsten hat er an vielen Orten Deutschlands, vor allem auch im Süden Bayerns, gelebt, nur nicht in Franken.

Langsam wird die Sache mit diesem Buch also seltsam.

Wenn im weiteren Verlauf des Buches irgendwo, in irgendeiner Funktion ein Franke auftaucht, wird das vom Autor immer besonders herausgestellt. So bei Ritter von Greim, der Hitler 1920 als Pilot einer Verkehrsmaschine begegnet, die den späteren ‚Führer‘ nach Berlin bringt. Jahre später, in den letzten Tagen des Krieges wird Greim von Hitler noch zum Feldmarschall ernannt.

Auch der in Nürnberg geborene Fritz Lauboeck wird erwähnt, der nicht einmal zwei Jahre lang Hitlers Privatsekretär war und überdies die meiste Zeit seines Lebens in Oberbayern verbrachte.

In diesem Umfeld ist es geradezu beruhigend, wenn von Anfang an klargestellt wird, dass Julius Streicher kein Franke war, sondern aus Augsburg stammte. Das hindert den Autor jedoch nicht daran, Streicher nur wenig später dennoch als ‚Franken-Rüpel‘ zu bezeichnen.

Streicher war der vulgäre antisemitische Hetzer und ab 1923 Herausgeber des Hetzblattes ‚Der Stürmer‘, das - entgegen den Ausführungen im Buch - nicht von Anfang an den Spruch ‚Die Juden sind unser Unglück‘ auf der Titelseite trug. Noch ein kleiner Fehler.

Die anfängliche Rivalität zwischen Streicher und Hitler wird im Buch zum „Kampf um Franken“ stilisiert und auch im weiteren Verlauf drängt sich das Gefühl auf, dass viele der geschilderten Vorgänge mehr Bedeutung erhalten als sie in Wirklichkeit hatten.

Was ist also der Hintergrund des Buches? Was will der Autor?

Ja, ‚Deutsche Tage‘ und ‚Reichsparteitage‘ fanden in Franken statt. Großveranstaltungen der Nazis fanden aber auch an anderen Orten Deutschlands statt, wie beispelsweise auf dem Bückeberg bei Hannover. Entstanden ist die Bewegung in (Alt-)Bayern und völkische Hochburgen gab es auch anderswo.

Beim Lesen des Buches kann man sich also des Eindrucks nicht erwehren, dass hier wieder die typisch fränkische Eigenart der Selbstkasteiung und des Eigen-Bashings am Werke ist und der aus Nürnberg stammende Autor sich dieser seltsamen Grundhaltung einiger Franken nicht entziehen kann. Er gibt sich diesem Selbst-Bashing dabei in einem Maße hin, das schon fast an Geschichtsklitterung grenzt. Als ob es ohne Franken keinen Nationalsozialsmus gegeben hätte oder außerhalb Frankens keine völkische Bewegung.

Ein großer Teil des Buches, vor allem am Anfang, beschäftigt sich auch gar nicht mit Franken, sondern schlicht mit Hitlers Biografie. Die dort genannten Bezüge zu Franken wirken seltsam konstruiert, siehe der ‚Franke‘ Richard Wagner. Gerade zu Hitlers Biografie gibt es jedoch bessere und fundiertere Literatur von Autoren wie Peter Longerich oder Ian Kershaw, beides übrigens echte Historiker.

Es ist ja wahr: Was das Dritte Reich angeht müssen sich die Franken vielen unangenehmen Wahrheiten stellen. Gerade in den evangelischen, ländlichen Gebieten Ober- und Mittelfrankens war die Unterstützung für die Nationalsozialisten Anfang der dreißiger Jahre enorm hoch. Bei den Reichstagswahlen im November 1932 erreichte die NSDAP dort Ergebnisse von über 40%, an manchen Orten über 60% oder gar 80%. Außerdem haben mit die ersten Morde und Pogrome gegen Juden nach der ‚Machtergreifung‘ 1933 in Franken stattgefunden, so beispielsweise im März 1934 in Gunzenhausen. Von den „Deutschen Tagen“ in den Zwanziger Jahren, bis hin zu den „Reichsparteitagen“ ganz zu schweigen.

Was Egon Fein in diesem Buch tut hat jedoch mit dem „sich der Wahrheit stellen“ nichts mehr zu tun. Sein Buch bietet zum Thema „Hitler und Franken“ leider keinerlei entscheidenden Erkenntnisgewinn, den man nicht auch andernorts besser und fundierter bekommen könnte.

Zur Psyche der Franken und ihrem Selbstbild schon. Allerdings: Selbst dafür lohnt sich das Geld, das man dazu ausgeben muss nicht.

Es ist schade, aber das Buch ist absolut nicht zu empfehlen.

Leider kann man Fein nach den Beweggründen für dieses Werk nicht mehr befragen und mit ihm darüber nicht mehr diskutieren.

Der Autor verstarb im Jahr 2006.

In München.


Versuch eines Blogs

05.03.2022

Ich werde an dieser Stelle versuchen, einen Blog zu erstellen, mit Themen, die ich nicht notwendigerweise in einem Video behandeln möchte, die aber dennoch erwähnt werden sollten. Dabei ist nur eines sicher: Es wird keine regelmäßigen Einträge geben. So wie ich ich kenne, packt es mich immer wieder einmal und ich muss etwas zu einem Thema schreiben, aber mehr auch nicht.

Ich bewundere tatsächlich die Menschen, die für einen Blog, eine regelmäßige Kolumne in einer Zeitung oder eine Radiosendung sich regelmäßig etwas aus den Fingern saugen können, ohne dabei mit der Wimper zu zucken. Mir würde das schwer falen. Ich brauche echte Inspiration, weshalb ich zum Kolumnen-Journalisten auch überhaupt nicht taugen würde.

Aber unregelmäßig und willkürlich immer mal wieder drauf los schreiben - das sollte hinhauen.

Insofern - schaumer moll.

Ade, blabbd schee!

J.Pechstein